Freitag, 9. März 2012

Was heißt hier Wohldefniert?

Zwischendurch auch mal wieder etwas in meiner Muttersprache. Vor einigen Tagen habe ich mich mit einem Freund getroffen. Wir haben über allerlei sinnvolle und weniger sinnvolle Dinge geplaudert. Dabei wurde ich gefragt was es denn in der Mathematik mit der Wohldefiniertheit auf sich hat. Ob man das denn nur so sage oder ob hinter diesem Begriff noch mehr steckt.

Ich möchte das einmal zum Anlass nehmen dies dem geneigtem Leser zu erklären.

In der Mathematik heißt wohldefiniert dass es das beschriebene Objekt auch tatsächlich existiert. (Ein mathematisches Objekt kann eine Zahl, eine algebraische Struktur, eine Funktion oder eine Menge sein. )
Dafür muss durch logische Schlussfolgerung nachgewiesen werden, dass ein solches Objekt auch existiert. Ebenso muss gezeigt werden, dass das gesuchte Objekt eindeutig ist. Dies geschieht ebenfalls durch logische Schlussfolgerungen meist durch den Beweis durch Widerspruch bei dem man einfach das Gegenteil annimmt. Also das es noch mindestens ein weiteres Objekt mit diesen Eigenschaft gibt und daraus einen Widerspruch herleitet.

Bleiben wir einfach einmal bei der Null. Upps ich habe "die Null" gesagt, Dabei wissen wir noch gar nicht,- zumindest in diesem Text, dass es die Null gibt. Dass eine Null gibt, fordern wir einfach aus den Axiomen für natürliche Zahlen und fordern hier einfach die folgende Eigenschaft:

Für jedes Element a dass ich aus der Menge der natürlichen Zahlen herausgreife, existiert ein Element e in der Menge der natürlichen Zahlen mit der Eigenschaft:

a+e=a
e+a=a


Nehmen wir an dieses Element e sei doch nicht eindeutig und wir hätten zwei Elemente mit der Eigenschaft, dann würde gelten dass für jedes Element a dass ich aus der Menge der natürlichen Zahlen herausnehme, ein Element e und ein Element e* in der gleichen Menge existieren mit den Eigenschaften:

a+e*=e*+a=a

a+e=e+a=a

Da nun ja auch unser Element e und e* aus eben der gleichen Menge stammen muss ja auch gelten:

e+e*=e
e*+e=e*

Und da wir nun ja e und e* vertauschen dürfen. (Das dass in der Menge der natürlichen Zahlen erlaubt ist, wurde noch nicht gezeigt. Ich setze dass hier ebenfalls vorraus. Der Beweis ist etwas langwieriger und nutzt die komplette Bandbreite der Axiome der natürlichen Zahlen aus.) folgt daraus, dass

e=e+e*
e+e*=e*

Und nun sieht selbst der mathematisch unbegabte Leser, dass offensichtlich

e=e+e*=e*

gilt und damit e=e* ist und wir uns geirrt haben. Es gibt doch nur eine Null und wir können dieses Element beruhigend mit 0 bezeichnen.

Der geneigte Leser mag sich an dieser Stelle fragen, ob es denn überhaupt so etwas wie nicht wohldefinierte Objekte geben kann. Ich möchte daher ein Beispiel bringen bei dem sowohl die Existenz als auch die Eindeutigkeit verletzt sind.

Zu jedem Element x in der Menge der reellen Zahlen (Das waren die wo auch die Zahl Pie enthalten ist.) ist eine Funktion f(x) definiert als die Zahl y in der Menge der reellen Zahlen für die folgendes gilt:

x=y^2


y ist nicht wohldefiniert. denn zum Einen ist zum Beispiel für x=-1 die Gleichung im Reellen gar nicht lösbar. Solch ein Objekt gibt es also gar nicht und die Existenz ist hier verletzt. Und zum Andern erhält man sowohl für x=3 als auch für x=-3 das gleich Ergebnis. Was der Eindeutigkeit widerspricht.

Wohldefiniertheit hat auch nichts damit zu tun, dass man in einer anderen Menge ein Objekt mit den gleichen Eigenschaften vorfindet. Die Wohldefiniertheit eines Objektes bezieht sich immer auf die Menge bzw. die Axiome aus der diese Objekte gefordert werden. Betrachten wir hier die Menge der Matrizen a(ij). Für diese gibt es zwar immer ein Objekt 0(ij) dass bezüglich der Addition die gleichen Eigenschaften aufweist. Und es gilt hier tatsächlich a(ij)+0(ij)=0(ij)+a(ij)=a(ij)
a(ij)+0(ij)=a(ij)

Allerdings kommen wir auch hier mit der Eindeutigkeit in Schwierigkeiten Denn nimmt man einmal die Elemente a(ij) und b(kl) her in der entweder i nicht gleich k oder j nicht gleich l. Oder sogar beiderseits die Dimensionen nicht stimmen, dann können die zugehörigen neutralen Elemente
0(ij) und 0(kl) nicht gleich sein. Denn für ungleiche Dimensionen lassen sich Matrizen nicht addieren.


Für einen Algorithmus heißt das zum Beispiel dass jedes Mal wenn ich meinen Algorithmus starte. Wenn ich oben A reingieße und unten B rausfällt. Das in Abhängigkeit von diesem A das B was da nach jedem Durchlauf unter raus purzelt eindeutig sein muss. Es kann also nicht auf einmal unten C als Ergebnis stehen. Und vor allem dass ich auch jedes mal ein Ergebnis
erhalte und ich mich nicht irgendwo in einer Endlosschleife festgehängt habe. Das heißt die Ergebnismenge eines Algorithmus A ist wohldefiniert. Dies ist im übrigen der gleiche Grund warum ein Computer nicht in der Lage ist Zufälle zu erzeugen. Ein Zufall, zum Beispiel eine Zahl wird immer aus momentan bestehenden Zuständen einer Turing Maschine berechnet. Gelingt es mir den gleichen Zustand noch ein einmal zu erreichen, erhalte ich denselben Zufall. Dieser Umstand führt übrigens auch dazu dass es so etwas wie den unknackbaren Verschlüsselungsalgorithmus niemals geben wird.

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